FrauenLeben/Im Blickpunkt: Anita Herzog ( „Alles Bier oder was?“)

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Bierbrauerin und Wirtin Anita Herzog beim Zapfen ihrer wunderbaren und zahlreichen Biere. Ein großer Teil ihrer Biersorten ist frisch vom Fass. Ein höchst „bieriges Vergnügen“. Bierbrauerin und Wirtin Anita Herzog beim Zapfen ihrer wunderbaren und zahlreichen Biere. Ein großer Teil ihrer Biersorten ist frisch vom Fass. Ein höchst „bieriges Vergnügen“.

Anita Herzog: Von Mitterlabill bis zur „Bierbotschaft“

Manche Mädchen sind aktiver und „wilder“ als die Buben. Anita aus dem kleinen Mitterlabill dürfte jedenfalls bei all ihren Schulkameraden sehr in Erinnerung geblieben sein. Auch heute noch setzt Anita Herzog ein Tempo voraus. Ob im Beruf und auch bei ihren sportlichen Anwandlungen zum Ausgleich. Handwerklich ist Anita die Fachfrau sowieso. Fenster- und Türen montieren, das macht sie nahezu „mit links“. Doch dann kam die Idee mit dem Bier. Anita mag so gerne Bier. Mit einem 30 Liter-Topf in der Garage hatte es begonnen. Jenes neue Berufsleben der Anita Herzog mittlerweile in Wundschuh. Der Liebe wegen zum Hans dorthin gezogen. Schon das erste Bier von Anita Herzog war so sensationell, dass es auf der Stelle von den Freunden ausgetrunken wurde. Nach dem „Herz- und Bauchgefühl“ war urplötzlich die Entscheidung gefallen. Anita will Bier-Brauerin und gleich auch Wirtin werden. In der „Privatbrauerei Anita Herzog“ wurde gebraut, was die Brauanlage so leisten konnte. Beste Grundstoffe als Basis und alle möglichen Bier-Experimente von Anita als Draufgabe. Als dann dieses alte Bauernhaus in Ponigl gekauft werden konnte, war es für Anita klar. Hier entsteht das Bier-Gasthaus „Bierbotschaft“. Beim Ausbau des Gasthauses legte sich Anita mit ihren Tischler-Fähigkeiten zudem voll ins Zeug. Mit ihren unglaublich vielen Biersorten ist Anita nahezu täglich beschäftigt. Dazwischen darf sie sich wohl ein Glas gönnen. Schlussendlich hat das Bier auch die Familie fami­liär-beruflich eng verbunden. Sohn Hannes ist der junge Braumeister, Sohn Richard ist der Küchenmeister in der „Bierbotschaft“ und Tochter Sarah will als Tourismusschul-Absolventin gerne in der heimatlichen „Bierbotschaft“ arbeiten. Anita’s Mann Hans spielt im Hintergrund effektiv mit. „Mein Hausmeister“ spricht Anita liebevoll von ihrem Hans. Jedenfalls sind die Biere in der „Bierbotschaft“ aber „sowas von gut“. Dazu die grandiosen kulinarischen Bierspezialitäten aus „Richards Küche“.

In den kleinen Flaschen gibt es jede Menge an Biersorten auch zum Mitnehmen.
Anita Herzog findet ihren Ausgleich beim Sport. Den Stubaier Höhenweg mag sie sehr.

von Anita Herzog
Ich bin im kleinen Bauerndörfchen Mitterlabill in der heu­tigen Gemeinde Schwarz­autal aufgewachsen. Ich habe einen älteren Bruder und drei jüngere Schwestern. Ein „typisches“ Mädchen bin ich nie gewesen – viele behaupteten bei mir „ist eine Junge verloren gegangen“. Ich finde nicht, dass irgendwas verloren gegangen ist! Ich war einfach nur ein bisschen wilder, experimentier- und risikofreudiger, als manch anderer. Sei es, dass ich mit dem Pferd in die Schule geritten bin, für die ganze Klasse Parties gegeben habe, oder mit den Rollschuhen die Oma in St. Stefan im Rosental besucht habe. Ich arbeitete am Hof mit; ob es im Stall war, auf dem Feld mit dem Traktor oder beim Bau der Ställe. Die handwerkliche Arbeit machte mir so großen Spass, dass ich mich entschlossen hatte, eine Tischlerlehre zu machen. Das war zur damaligen Zeit schon sehr außergewöhnlich.
Nach Abschluss der Tischlerlehre habe ich mit meinem damaligen Lebensgefährten Hans (und heutigen Ehemann) eine Türen- und Fenstermontage Firma gegründet. Mit 22 Jahren habe ich Hans das „Ja“ Wort gegeben und bin zu ihm in sein Elternhaus nach Steindorf bei Wundschuh gezogen. Zehn Jahre lang haben wir selbstständig gearbeitet und unsere Firma erfolgreich geführt. Danach ergab sich die Möglichkeit, als Fremdfirma für einen Autozulieferanten zu arbeiten. Dadurch konnte ich viele Kontakte mit Amerikanern knüpfen und war auch in den großen Autoindustriestädten in Amerika und Spanien. Dadurch haben sich auch Freundschaften ergeben, welche bis heute halten. Doch diese Arbeit war zeitlich begrenzt und ich hatte die Chance, wieder etwas Neues zu beginnen.
Da Bier schon seit jungen Jahren mein Lieblingsgetränk ist, hab ich mir ein Handbuch übers Bierbrauen gekauft, gelesen und am nächsten Tag mit einem 30-Liter-Rexhäfen zum Brauen begonnen. Dabei habe ich erstmals eine „klassische“ Frauenarbeit durchgeführt, denn das Brauen war bis ins Mittelalter reine Frauensache! Leider war das Verhältnis – investierte Zeit (8 Stunden) und Bierertrag – sehr ungünstig (viel Zeit und Arbeitsaufwand, wenig Bierertrag). Mit der Zeit gab es auch schon immer mehr „Abnehmer“ für mein süffiges, selbstgebrautes Bier. Daher war ich auf der Suche nach einer kleinen 100-Liter-Anlage; gefunden habe ich dann – rein zufällig – eine etwas größere 400-Liter-Brauanlage. Diese Menge war für den Eigenbedarf dann doch etwas zu viel und ich konnte meinen Mann bald von der Idee überzeugen, die Brauerei gewerblich zu führen und so entstand „Privatbrauerei Anita Herzog“ in unserer ehemaligen Garage.
Ich habe sehr viel Fachliteratur gelesen, zahlreiche Bierreisen gemacht, die Ausbildung zur Dipl.-Biersommelière absolviert und hatte auch tolle Unterstützung von befreundeten Bierbrauern. Wichtig sind mir ausgewählte, hochqualitative Zutaten beim Bierbrauen, dass spiegelt sich auch in der Geschmackvielfalt meiner Biere wieder. Mittlerweile habe ich bereits 78 verschiedene Biersorten gebraut, unter anderem Enzianbier, Kokosbier, Kastanienbier, Rosmarinbier, Kurkumabier, Knoblauchbier, Ginbier, diverse Fruchtbiere (Heidelbeer, Johannisbeer, Weintrauben …) usw.
Ich braue schlanke, knackige und süffige Biere und dadurch sehr kalorienarme Biere. Grundsätzlich gibt es nichts, was mich in meiner Kreativität einschränkt und nicht mal als Bier enden könnte! Mittlerweile habe ich auch schon mehrere Staatsmeistertitel und Auszeichnungen für meine Biere erhalten.

Bier-Pause bei der Familie Herzog. Auf dem Foto Brau-Chefin Anita mit Sohn Hannes (Bier-Brauer), Tochter Sarah (Tourismusschülerin), Mann Hans („Hausmeister“) und Sohn Richard (Küchenmeister).

Als in Ponigl bei Wundschuh ein alter Bauernhof zu verkaufen war (Baujahr Ende 18. Jahrhundert) mit wunderschönem Gewölbe, konnte ich mir gleich vorstellen, dass dies ein geeigneter Standort für ein Bierwirtshaus sein könnte. Mein Mann und ich haben schließlich den Schritt gewagt und diesen alten Bauernhof gekauft. Wir haben diesen Hof fast ausschließlich in detailverliebter Eigenarbeit in die heutige Bierbotschaft umgebaut (Brausaal: 140 Sitzplätze, Gastraum: 70 Sitzplätze, Garten: 120 Sitzplätze).
Mittlerweile gibt es die Bierbotschaft seit fünf Jahren und ist sehr beliebt für Feiern (Taufe, Erstkommunion, Hochzeit, Geburtstag, Weih­nachtsfeier), diverse Veranstaltungen (Kabarett, Themenabende), oder einfach gemütliches Zusammensitzen mit Freunden bei gutem Essen und außergewöhnlicher Biervielfalt. Mein ältester Sohn Richard ist Küchenmeister und legt so wie ich, höchsten Wert darauf, alles selbst zu machen (Kroketten, Nudeln, Strudelteig …) und regional einzukaufen. Natürlich werden auch unsere Speisen mit Malz, Hopfen und Bier verfeinert. Zu speziellen Gerichten braue ich eigene Biere (zB italienische Gerichte – Basilikumbier, Oregano-Bier). Richard ist Küchenchef und wird unterstützt von vier Köchen, einen Lehrling und eine Abwäscherin.  Mein zweiter Sohn Hannes ist Maschinenbauingenieur und Braumeister und unterstützt mich im Notfall in der Brauerei. Meine Tochter Sarah wird bald die Hotelfachschule in Bad Gleichenberg abschließen und möch­te schließlich auch in der Bierbotschaft mitarbeiten. Wir können uns somit stolz als Familienbetrieb bezeichnen und unsere engagierten 16 Mitarbeiter sind Teil unserer großen Bierbotschaft Familie.
Eine ganz besondere Auszei­chnung war für mich, dass alle Braumeister Österreichs (ca. 100 Personen) und die Doemensianer aus Deutschland die Bierbotschaft besucht haben.
Meine Arbeitstage haben bis zu 17 Stunden, da ich bereits zeitig um 4.30 Uhr mit dem Bierbrauen beginne, zu Mittag in der Bierbotschaft die Mittagsmenüs serviere und am Nachmittag weiter Bier braue, abfülle oder etikettiere und am Abend wieder in der Bierbotschaft meine 20 Biersorten zapfe ... – das Ganze, weil ich sooooo gerne Biere trinke! An dieser Stelle möchte ich ein großes „Danke“ an meine Familie, meine Freunde, Bekannte und meine ausgezeichneten und allerbesten Mitarbeiter aussprechen. Ohne deren tolle Unterstützung wäre es nicht zu schaffen!
Natürlich läuft nicht jeder Tag so ab, einen Ausgleich und Zeit wieder Kraft zu tanken, finde ich zwischendurch beim Inlineskaten, Wandern oder beim Lesen und an den beiden Ruhetagen der Bierbotschaft am Montag und am Dienstag. Großes Augenmerk lege ich auf gesunde Ernährung und Sport.
Ich habe den Schritt gewagt, meine große Leidenschaft, das Bier brauen, zu meinem Beruf zu machen. Trotz harter und vieler Arbeit, habe ich es bis heute nicht bereut. Egal wie mein Tag verläuft, ob gut oder schlecht – mein Motto lautet immer: „Heute ist mein bester Tag!“

Süd-Ost Journal

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