Frauenleben/Im Blickpunkt Mag. Elisabeth Pless (Epilepsie-Erfahrungs-Beraterin)

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Epilepsie-Fachfrau Mag. Elisabeth Pless bei einem Workshop. Epilepsie-Fachfrau Mag. Elisabeth Pless bei einem Workshop.

Das Leben ist nicht immer paradiesisch und gerecht. Wenn dann einmal die Tiefgänge des Lebens kommen, dann kommen diese ziemlich heftig. Und dennoch arbeiten die meisten Menschen in tiefsten Krisen an Visionen. Wenn dann im fernen Horizont einmal Zeichen der Aufhellung aufsteigen, ist die Hoffnung voll wieder da. Wer kämpft, der kommt trotz Rückschlägen und Widrigkeiten dann doch noch durch. Wie Mag. Elisabeth Pless. Eine Frau, die das Leben schwer prüfen wollte. Den Himmelvater lassen wir aus dem Spiel. Elisabeth&Peter Pless führten mit den beiden Kindern ein glückliches Familienleben. Dann wurde Peter krank. Am Ende aller ärztlichen Untersuchungen war die Krankheit felsenfest erwiesen: Epilepsie. Ein Glück dennoch für Peter, daß er im Heute mit der Krankheit leben durfte. Früher war Epilepsie eine vom Teufel und den Dämonen beherrschte Geisteskrankheit. Die Kranken wurden von den Familien weggesperrt. Vielfach kamen die gequälten Menschen in „Narrenhäuser“. Der Narrenturm in Wien war ein Ort absoluter Schändlichkeiten. Vielfach bohrten die Ärzte Löcher in die Schädel der Epileptiker. Damit die Dämonen Platz zum Entweichen hatten. Dennoch ist die Krankheit Epilepsie auch in der Gegenwart noch ein gesellschaftliches Problem. Das Umfeld zieht sich spontan zurück. Übrig bleiben Menschen, die in Folge zu den besten Freunden werden. Elisabeth Pless war dann irgendwann am Boden. Speziell, als sie schlußendlich an Krebs erkrankte. Im Familienverbund klingelten damals die Notsirenen. Und die damals zehnjährige Tochter sprang ein und brachte den Haushalt im Notprogramm weiter. Einige Freunde und Nachbarn bleiben dank deren Hilfeleistungen lebenslang unvergessen. Und dann hatten Peter&Elisabeth die tiefsten Täler und die gewaltigsten Stürme des Lebens durchwandert. Immer gestärkt durchs eigene Ego und die Zuversicht. Gestärkt auch für das weitere Leben. Voll erhaben über negative Kleinigkeiten. Das mittlerweile erarbeitete und erlebte Wissen über die Krankheit Epilepsie wollte Mag. Elisabeth Pless nicht einfach so entschlummern lassen. Denn schlußendlich gibt es so viele Menschen, die das Leben langsam in dieses Krankheitsbild rutschen läßt. Die Mediziner rollen vorerst die ganze Schublade schulmedizinischer Krankheitsbilder aus. Denn Epilepsie hat immer noch den Hauch von Geisteskrankheit. Mag. Elisabeth Pless hat sich zum Ziel gesetzt, Epileptikern und deren Angehörigen zu helfen. In diesem Sinne hat diese starke Frau das Institut für Epilepsie und die Epilepsie Interessensgemeinschaft Österreich gegründet. Info unter Tel. 0664/601774100 und Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Vielen Dank an Mag. Elisabeth Pless, daß sie nun ihre Erfahrungen den Epilepsie-Erkrankten und deren Angehörigen zur Verfügung stellt.

Peter & Elisabeth Pless können wieder gemeinsam lachen. Jetzt freut sich Mag. Elisabeth Pless über erfolgreiche Hilfe bei Epileptikern.
Voll fit ist wieder die unglaubliche Elisabeth Pless. Gestärkt mit all der Kraft aus der Überwindung der Tiefen des Lebens.

von Mag.a Elisabeth Pless
Diagnose Epilepsie – was nun ? Man kann sich auf die Krankheit Epilepsie nicht vorbereiten. Sie trifft einen wie ein Blitz aus heiterem Himmel, egal ob man plötzlich Mutter oder Vater eines epilepsiekranken Kindes ist oder als Erwachsener selbst erkrankt: Mit der Diagnose treten viele Probleme und Fragen auf: Alltagsschwierigkeiten, Ablehnung durch das Umfeld, Unsicherheit, Arztsuche, Schul- oder Arbeitsplatzprobleme, Exis­tenzängste, Behördendschungel und vieles mehr.
Eigentlich habe ich eine HTL besucht und Chemie, Mikrobiologie und Wirtschaft studiert. Heute bin ich eine von vier EpilepsiefachberaterInnen in Österreich. Sie werden fragen: Wie das?
Mein Mann Peter und ich sind seit 30 Jahren ein Paar. Etwa 1996 klagte Peter häufig über Beklemmungen im Brustbereich. Die „Ereignisse“ nahmen über die Jahre zu und konnten medizinisch nicht geklärt werden. Herzinfarkt – jede Woche? Später kamen Erinnerungslücken und vorübergehende Verwirrtheitszustände dazu. Verdacht auf Schlaganfall – alle paar Tage? Bis dahin wussten wir nicht, dass epileptische Anfälle ganz unterschiedlich aussehen können und nicht immer mit Sturz verbunden sind.
2002 wurde die Diagnose Epilepsie gestellt. Im ersten Moment war dies eine Erleichterung – die Vorkommnisse hatten einen Namen – Schnell folgte aber die Ernüchterung. Die Diagnose bedeutet nicht automatisch eine erfolgreiche Therapie! Der Arzt verschrieb Tabletten, die Peter sehr (!!!) müde machten, aber an den Anfällen nichts änderten.
Die Epilepsie an und für sich, aber natürlich auch die vielen Anfälle waren eine große Herausforderung für uns. Wie kann Alltag trotz Epilepsie normal funktionieren? Arbeiten? Sport? Peter macht gerne Sport, fährt gerne Fahrrad (Tagestouren von 150 km) und geht gern Schwimmen. Er machte das weiter, aber ist das nicht riskant? Er ist erwachsen und kann selbst entscheiden. Ich musste erst lernen damit umzugehen und mit meiner Angst fertig zu werden. Es war ein langwieriger Prozess für mich/uns alltagstaugliche „Hilfen“ zu entwi­ckeln.
Unsere Kinder waren damals 6 und 7 Jahre alt. In den Ferien stellte sich manchmal die Frage, wer passt auf wen auf – der Papa auf die Kinder oder die Kinder auf den Papa.
Die epileptischen Anfälle meines Mannes veränderten sich und wurden immer häufiger. Viele Untersuchungen wurden durchgeführt. Er war therapieresistent – das heißt er wurde durch Medikamente nicht anfallsfrei. 2004 spitzte sich die Situation zu. Ich musste plötzlich ins Krankenhaus –Notoperation – gleichzeitig Zufallsbefund Krebs. Tiefenvenenthrombose - Nierenteilresektion. Einmal waren Peter und ich gleichzeitig im Krankenhaus.
Durch meine mangelnde Mobilität hatte ich viel Zeit für Recherchen und habe viele für uns wichtige Informationen über Epilepsie zusammengetragen. Wir entschieden uns für einen epilepsiechirurgischen Eingriff. Schock. Danach konnte Peter nicht sprechen. Nicht dass er nichts gesagt hätte, nein, er hat die falschen Ausdrücke verwendet ohne es zu merken. Zum Beispiel sagte er zur Krankenschwester „Bitte räumen sie ab“ meinte aber „Bitte drehen sie das Licht ab“. Da niemand auf seine Bitte reagierte, war er verärgert. Leider kamen solche Missverständnisse häufig vor und Peter fühlte sich von allen ignoriert. Gleichzeitig machte er auf andere den Eindruck eines Sonderlings. Ein Kreislauf aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt und so wollte er auch nicht in der Rehabilitationsklinik bleiben. Täglich bin ich nach Radkersburg gepilgert und habe ihn überredet die Rehabilitation fortzusetzen. Die Situation war sehr ungewohnt, denn ein Eckpfeiler unserer Partnerschaft war immer, dass wir Probleme und Entscheidungen gemeinsam treffen. Plötzlich fehlte mir das gegenüber, weil Peter die „Bodenhaftung“ verloren hatte und ich mit ihm nicht mehr diskutieren konnte.
Eine schwierige Zeit in der ich vier Nervenzusammenbrüche hatte – ich habe nicht mehr eingekauft, nicht mehr gekocht und keine Wäsche mehr gewaschen. Das hat unsere damals 10 jährige Tochter übernommen – dafür hat sie keine Schulaufgaben mehr gemacht. … . In der Literatur liest man öfter „Das Familiengefüge verändert sich, wenn ein Familienmitglied an Epilepsie erkrankt. Kinder übernehmen Aufgaben, die nicht ihrem Alter entsprechen.“. Ich hatte keine Vorstellung, was das in der Praxis bedeutet.
In Zeiten der Not lernt man seine Freunde kenn, sagt der Volksmund. Unsere Nachbarn und Freunde haben unseren Kindern ein Stück Normalität gegeben und uns im Alltag zum Beispiel beim Einkaufen geholfen, denn ein Großeinkauf ohne Auto funktioniert nicht. (Das war großartig! Danke!!!) Ehrlich gesagt, ist es uns zum Teil schwer gefallen die Hilfe anzunehmen, denn in unserer Leistungsgesellschaft schafft jeder alles selber. Oder doch nicht!?
Peter war insgesamt 12 Wochen auf Reha. Er hat alles wieder erlernt. Sechs Jahre war er anfallsfrei, dann ging es wieder los. Erst selten, dann vier Anfälle die Woche. Er entschied sich gegen meinen Willen sich noch einmal operieren zu lassen. Im April 2014 war es soweit. Während seines Krankenhausaufenthaltes in Wien habe ich bei Freunden gewohnt und von Wien aus gearbeitet – Arbeit ist auch ein Teil Normalität!? Peter hat kaum geredet, nicht Radio gehört, nicht Zeitung gelesen und schließlich nicht mehr gegessen, weil er solche Migräne hatte. Auch die Ärzte waren schon sehr beunruhigt. Als ich ihn am 10. Tag besuchte, saß er plötzlich angezogen am Bettrand und meinte „Hier ist’s fad. Fahren wir nach Hause.“ Das haben wir dann auch gemacht und seither ist er anfallsfrei.

Was wir erlebt haben, erleben Menschen mit Epilepsie und deren Familien nur zu oft. Eine Epilepsieberatung durch eine/n Expertin/en, Professionelle Unterstützung, Infos zu Therapie, rechtliche Aspekte usw. wären sehr hilfreich für uns gewesen. Die Versorgung mit Informationen über Praktisches für den Alltag mit Epilepsie, Gespräche über unsere Ängste und Sorgen mit jemand, der mit Epilepsie Erfahrung hat, hätte manches erleichtert.
Diese Erfahrung bewog uns dazu 2005 gemeinsam mit anderen Betroffenen und deren Familien den Verein Epilepsie Interessensgemeinschaft Österreich zu gründen. Der Verein bietet regelmäßig Peerberatung, Gesprächsrunden, Informationsveranstaltungen und andere Aktivitäten. Außerdem wollen wir die Gesellschaft auf die Probleme von Menschen mit Epilepsie aufmerksam machen. Niemand weiß, wie das Leben mit Epilepsie abläuft bevor er/sie es nicht erlebt hat. Wir dürfen also anderen nicht den Vorwurf machen, dass sie keine Ahnung haben, wenn wir sie nicht darüber aufklären. Dafür braucht es eine Interessensvertretung, eine starke Lobby, die sich Gehör verschaffen kann. Die eigene Betroffenheit ist dabei ein enormer Motivationsfaktor, um etwas zu bewegen.
Seit 2010 gibt es eine professionelle Beratung am eigens dafür gegründeten Institut für Epilepsie IfE gemeinnützige GmbH. Als Mitbegründerin bin ich dort nicht nur als Geschäftsführerin sondern auch als Beraterin tätig.
Schwerpunkt der Tätigkeit des Instituts für Epilepsie ist der Arbeitsplatz. Im letzten Jahr ist die Beratung Epilepsie und Schule dazugekommen. Prinzipiell kann sich aber jede/r über alles in Bezug auf Epilepsie kostenlos und anonym beraten lassen. Einfach melden!
Um den ständig steigenden Beratungsbedarf abdecken zu können, sind wir immer auf der Suche nach Spendern und Sponsoren, nur ein Teil der Kosten wird durch die öffentliche Hand abgedeckt. Das Institut für Epilepsie gehört seit Jänner 2015 zum Kreis der spendenbegünstigten Organisationen (Registrierungsnummer SO 2512), das heißt jede Spende ist steuerlich absetzbar.

Süd-Ost Journal

"Für die Menschen, für die Region"