Bad Gleichenberger Cur-G`schichterln/Kurpark als öffentlicher Raum im Wandel der Zeit

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Buch-Autorin Ria Mang Buch-Autorin Ria Mang

Ich genieße die bunte Blättervielfalt des Herbstes in unserem Kurpark beim sonntäglichen Spaziergang und rieche auch schon den Zimtgeruch beim Kuchenbaum im unteren Park. Wie glücklich  können wir sein in einem so schönen Ort zu leben und uns in dieser                         „grünen Lunge“ frei zu bewegen. Das war nicht immer so.
 Blicken wir 3 Jahrhunderte zurück:
Eine Parkanlage diente in vergangener Zeit der herrschenden Klasse auch für das Jagdvergnügen und der gehobenen Gesellschaft zum Promenieren. So hat Ludwig der XIV. in Frankreich die Barockgärten um die Schlösser Versailles, Grand Trianon und Fontainebleau prächtig anlegen lassen. Hier wollte man sich nach dem Promenieren in den Gärten ausruhen oder im kleinen Kreis soupieren. Der Park war eine Art Insel, von der die Regierungssorgen und der Hofklatsch verbannt werden sollten.
An den Höfen in St. Petersburg, in Peterhof und Zarskoje Selo (dem heutigen Puschkin) versuchte Zar Peter die Parkanlagen von Frankreich noch zu übertreffen. Auch der Garten um Schönbrunn wurde vom Ehemann Kaiserin Maria Theresias, Franz Stefan von Lothringen mit Hilfe von niederländischen Gartenarchitekten wundervoll angelegt und der Preußische König Friedrich der Große hat sich mit seinem Sommersitz „Schloss Sanssouci“ ein Denkmal gesetzt. Bei den genannten Beispielen waren die regierenden Männer mit ihrem Hang zum Schönen und zur Natur diejenigen, die der Nachwelt Prachtanlagen hinterlassen haben.
Nun kommen wir zum Gleichenberger Park.
Im Jahre 1837 hat die gräfliche Familie Wickenburg im jüngsten Kurort der Monarchie, in Bad Gleichenberg, ihr neues Heim, die Villa Wickenburg, fertiggestellt und bezogen. Vorerst als Sommersitz, ab 1849 als ständigen Hauptwohnsitz. Dazu gehörte aber auch ein Herrschaftsgarten um die Villa. Gräfin Emma, die Gattin des Gründers von Gleichenberg, begann mit viel Sinn für Naturschönheit mit der Bepflanzung um die Villa. Bald vergrößerte sich die bepflanzte Anlage bis hin zur Brunnenhalle, dem Badehaus und den neugebauten Hotels. Natürlich gingen diesen Anpflanzungen Planierungsarbeiten, Trockenlegungen und Aufschüttungen von guter Erde auf das bestehende Sumpfgebiet entlang des Sulzbaches voraus. Bald zierten den Park auch Kastanien-, Buchen-, Robinien-, Ahornbäume und viele seltene Sträucher.
Gräfin Emma fand Gefallen an dieser Tätigkeit und erweiterte die Parkanlage mit den seltensten Pflanzen aus der ganzen Welt. Zuerst ließ die Gräfin zum Schutz gegen die Sonne schnell wachsende Pappeln setzen. Dann pflanzte sie die heute noch prächtigen Platanen im ganzen Kurbereich. So spendete der neu angelegte 20 ha große Park bald genügend Schatten und stand den Kurgästen zur Verfügung.
Für Asthmakranke war die gute Luft auch ein Teil der Kuranwendungen. Die Kurgäste spazierten mit ihren Trinkgläsern im Park. So war der Park von Anfang an der Allgemeinheit zugänglich und nicht nur dem Adel vorbehalten.
Obwohl von der Kurverwaltung und den Ärzten strengstes Rauchverbot im Kurbereich verordnet war, gab es auch immer wieder „Sünder“, die hinter den Büschen ihre Zigarren rauchten. Im Auftrag der Ärzte gingen findige Parkwächter den „Rauchzeichen“ nach und fanden bald die Übeltäter.
Der Park war mit seinen Sträuchern und verschwiegenen Sitzbänken auch ein beliebter Ort für Rendezvous der Kurgäste mit ihren „Kurschatten“, manchmal lernte man dort aber auch den Partner fürs Leben kennen. Der Kurpark von Bad Gleichenberg hatte von Beginn an einen hohen Stellenwert im Kurgeschehen und in der Bevölkerung. Er war und ist die grüne Lunge des Ortes und mit der besonderen Flora für den Sonntagsspaziergang besonders beliebt. Später, als sich die Tourismusschulen 1949 und 1955  in Gleichenberg ansiedelten, war der Park Treffpunkt für die Jugend, die auch heute noch in ihrer karg bemessenen Freizeit den Park zur Erholung und zum Ausspannen nützt.
Mit dem Neubau des Kurhauses und dessen Eröffnung im Mai 2008 ist der Kurpark noch mehr in den Vordergrund getreten. Durch die Verwendung von Naturmaterialien wie Holz, Glas und Vulkangestein harmonisiert der Zweckbau wunderbar mit dem üppigen Baumbewuchs des Parks. Auch den Sulzbach hat man wieder freigelegt, der nun neben und unter dem Gebäude vorbeiplätschert. Es ist eine gelungene Symbiose mit der Natur, die harmonischer nicht sein kann. Die hölzernen großen Ruheliegen, die zum Verweilen im Park aufgestellt sind, werden von den Schülern, Studenten und Kurgästen sehr gerne genützt. So bietet unser Kurpark vielen Menschen mehr Lebensqualität und ladet zum Träumen ein.

Süd-Ost Journal

"Für die Menschen, für die Region"